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Ein Film wie ein Film: Traumhaft, einfach, großartig – und todernst!
Wir befinden uns in den Sechzigern auf einer abgeschiedenen Insel vor Neuenglands Küste. Die Post kommt mit einem Wasserflugzeug, es gibt einen Leuchtturm und einen Damm, Segelboote, Kanus und eine Fähre. Der Wald leuchtet europäisch und sieht so herrlich real aus, dass der Einbruch des Surrealen in seine konservative Natürlichkeit auf Anhieb den maximalen Märcheneffekt erzeugt – in einer Synthese aus Fantastischem und handfester Realität herbeigeführt durch pfeilgerade Individuen. Unbeirrbar und akkurat folgen diese Figuren ihrem vorgezeichneten Pfad, wie eine Armee von Kuka Industrierobotern, nur in Khaki statt . . . → Kritik: Moonrise Kingdom (2012)
Unter Damokles Schwert: Wozu man nicht fähig ist, wenn man zu allem fähig ist.
Dunkel und kalt geht es in CHRONICLE zu. Andrew (Dane DeHaan) ist der Außenseiter in der Schule, der Prügelknabe für seinen Vater (Michael Kelly), etwas peinlich für seinen Cousin Matt (Alex Russel) und ein Engel für die schwerkranke Mutter (Bo Petersen). Der Film von Regisseur Josh Trank trägt recht dick auf, um diese Charakterisierung zu etablieren, zitiert auch Klischees und bleibt gefühlt oberflächlich – für das anvisiert jugendliche Publikum sind diese Bilder jedoch so begreiflich, dass die Stimmung gleich in den Keller rutscht. Die Grenze . . . → Kritik: Chronicle – Wozu bist du fähig? (2012)
Männer ohne Frauen: Gebrochenheit, Pathetik, heroische Brachialität.
THE GREY ist einer dieser Liam Neeson Filme, der nicht wirklich schlecht ist, locker sein Geld macht aber ein wenig nichtsagend und seelenlos über die Leinwand flimmert. Die Bilder sind unspektakulär und gelungen, die Inszenierung und der Schnitt sprechen meist für kluges Storytelling und der Sound ist auch gut. Sonderlich tief eintauchen kann man in das aufgesetzte Drama um den Außenseiter Ottway (Liam Neeson) dennoch nicht, denn seine Trauer, seine gebrochene Lebenskraft und sein heroisch pathetisches, letztes Gefecht sind irgendwie trotzdem in der falschen Stimmung gedreht, um das fühlbar zu machen, was . . . → Kritik: The Grey – Unter Wölfen (2011)
Titanic für Männer: Leiden, Kämpfen und Heulen in einem hochdramatischen Kämpferfilm mit Starbesetzung. Sie reden zwar, die Männer in WARRIOR. Und das was sie sagen richtet nicht selten weniger an, als ein Knock Out. Aber noch viel mehr sagen sie, wenn sie nicht reden. Wenn sie dasitzen und schauen. Wenn sie beleidigt sind, auf den Boden starren oder mit dem Rücken zur Wand stehen. Wenn ihnen nur noch das Kämpfen bleibt, als Ausflucht aus einer verfahrenen Situation voller unglücklicher Gefühle und Enttäuschungen. Das Kämpfen ist ihr eigentlicher Ausdruck und ihre Therapie, denn hier begegnen sie ihren größten Ängsten. Und beim Kämpfen verletzten sie sich weit weniger als mit den Worten, die nicht in der Lage sind ihre wahren Wunden zu zeigen, die nicht in der Lage sind zu versöhnen und dem geliebten Körper zu vergeben. . . . → Kritik: Warrior (2011)
Wer nicht um sich ringt, trägt einen Ring.
Er lebt gar nicht in der Welt der Anderen, dieser Brandon (Michael Fassbender). Er ist ein korrekt gekleideter, sich bedeckender Mann aus der Agentur. Welche Agentur? Unbedeutend. Seine Arbeit, seine Wohnung, sein gesellschaftliches Leben: Unbedeutend. Vernunft: Nur nach außen hin. Brandon liebt es süß, er liebt es zügellos, er liebt es maßlos – und er leidet darunter. Ein Perverser und Kranker ist er für seine Mitmenschen, weil er durch und durch körperlich ist, desillusioniert und direkt. Also genau all das, was die erfolgreichen Menschen unserer Gesellschaft nicht sind. Brandon füllt jede . . . → Kritik: Shame (2011)
Erniedrigung, Dummheit, Brutalität: Winding Refn zeigt Gangster ungeschminkt, widerlich und traurig.
PUSHER 2 schließt in vielerlei Hinsicht an PUSHER an, nicht zuletzt durch den Charakter Tonny (Mads Mikkelsen), der in dieser hervorragenden Fortsetzung die Hauptrolle übernimmt. Frisch aus dem Kopenhagener Knast versucht er bei seinem Vater (Leif Sylvester Petersen), einem einflussreichen Autoschieber, Fuß zu fassen. Der jedoch macht keinen Hehl aus seiner Geringschätzung für das missratene Kind und eigentlich hat Tonny von Anfang an keine Chance unversehrt davon zu kommen. Aber er macht es den anderen auch wirklich leicht ihn zu hassen. Der Regisseur von DRIVE zeichnet seine Helden . . . → Kritik: Pusher II (2004)
Männer unter sich: Nervös, ohne Selbstvertrauen aber voller Hoffnung. Billy Beane (Brad Pitt) kann sich die Spiele nicht mit ansehen, ist abergläubisch, denkt sein Team würde versagen wegen seiner Anwesenheit, wegen seiner Aufmerksamkeit. So finden die entscheidenden Momente des Baseballteams aus Oakland im Off statt. Als Spieler hatte Beane selbst oft versagt, deswegen setzt er jetzt auf Statistiken. Regisseur Bennet Miller inszeniert mit MONEYBALL den Weg des Baseballgeschäfts vom intuitiven Psychologisieren hin zum analytischen Datenauswerten und Ökonomisieren. 2003 veröffentlichte Autor Micheal Lewis diese wahre Geschichte von Billy Beane und den Oakland Athletics, die erst von Regiestar Steven Soderbergh . . . → Kritik: Die Kunst zu gewinnen – Moneyball (2011)
Filmgeschichtliches Lehrstück: Viel heiße Luft ohne fesselnden Ballon. Zu sagen in HUGO CABRET treibe sich ein kleiner Junge im abenteuerlich mechanisierten Zwischengemäuer eines stattlichen und vor optischen Reizen überbordenden Pariser Bahnhofs der 30er Jahre herum, wäre untertrieben. Würde man den Bahnhof als Ganzes als Theater der Attraktionen betrachten, als Vaudeville und Abenteuerspielplatz erster Güte, so reichte dies schon näher an das heran , was Scorsese materiell und virtuell errichten lies, um seiner Vision des Kinos gerecht zu werden. Seiner Vision wohlgemerkt, nicht seiner Version. Vergleicht man den Mythos des Kinos, wie ihn Scorsese in HUGO CABARET explizit beschreibt und irgendwie hohl heraufzubeschwören versucht mit dem tatsächlichen Mythos vieler seiner Filme, so könnte man meinen ein wilder Stier hätte . . . → Kritik: Hugo Cabret (2011)
Sprache der Gefühle: Körperlich, zeitlos, stumm. THE ARTIST ist eine überschwängliche und bewegend traurige Liebesgeschichte im Hollywood der 20er und 30er Jahre, in Schwarz-Weiß und stumm. Dennoch kommt der Tonspur eine ganz besondere Bedeutung zu, denn der Film, welcher den Umbruch der Stummfilmzeit auf den Tonfilm am Beispiel des aus der Mode laufenden Stars George (Jean Dujardin) und des aufkommenden Tonfilmstars Peppy (Bérénice Bejo) beschreibt, wagt es sein selbstauferlegtes Schweigen hin und wieder zu brechen – und verstummt im Anschluss daran umso mehr. Wie damals werden die Bilder fast pausenlos von der Musik des Orchesters begleitet, das emotionale Momente . . . → Kritik: The Artist (2011)
Zeit Loser Held: Kontemplative Ausweglosigkeit und gefühlvolle Brutalität. Die Handschuhe sind wichtig. Er trägt sie zum Fahren. Und bei anderen Gelegenheiten, die erst auf den zweiten Blick zu den zarten Zügen des Drivers (Ryan Gosling) passen wollen. Hat er sie nicht an, begleiten sie ihn lose hinten in die Jeans gesteckt, so dass sie selbst seinen Schatten charakterisieren. Das wirkt nicht aufgesetzt und nicht cool. Handschuhe sind nur ein Werkzeug, wie fast alles in seinen ruhigen Händen. Da er ebenso Rächer wie Retter, Albtraum wie Held ist, fällt seine . . . → Kritik: Drive (2011)
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