Haywire (2011)

Haywire PlakatAnders Film: Verkompliziertes Simpel mit betonter Echtzeit in zeitentkoppelter Collage und paradoxer Kausalität.

Man könnte Steven Soderberghs neuesten Film HAYWIRE durchaus als ein bisschen experimentell bezeichnen, als zumindest soviel anders, dass er nicht die am breitesten getretenen Wege des Actionthrillers beschreitet. Ein Anders, das auch stark in die Richtung von WER IST HANNA weist und deswegen genauso jenes Anders beschreibt, bei dem man sich nie ganz sicher ist, ob es nun den glimpflichen Ausgang einer verkorksten Inszenierung darstellt, oder ob es doch so gewagt war. Zwar gebiert die Not mitunter die genialsten Lösungen, viel öfter aber bringt sie Notlösungen hervor – und die sind per se anders. Dabei war die Besetzung der Hauptrolle mit einer Sportlerin, genauer einer Mixed Martial Arts Kämpferin, ein wirklich guter Abweg – ja eine gute Abkürzung sogar.

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Umtriebig vor Kitschkulisse: Carano fliegt, McGregor flieht.

Mehr Atemnot als atemberaubend

Körpernah, intensiv und wenig unterschnitten wirbelt Mallory (Gina Carano) in den Kampfszenen durch den Film und noch nicht einmal jene Momente, die ihr sichtlich Mühe bereiten und wo die Arme und Beine schwer werden, sind geschnitten. HAYWIRE ist voller Körpereinsatz in Echtzeit und mehr in hörbarer Atemnot als atemberaubend – und das ist toll. Mallorys Vater (Bill Paxton) schreibt Bücher über den Krieg, schickte seine Tochter zu den Marines und duldet, dass sei inzwischen für eine private Organisation im Auftrag der Regierung schmutzige Aufträge ausführt; mörderische Aufträge. Von diesen Frauen gibt es im Film wohl weitaus mehr als in der Wirklichkeit, sei es als Nikita, Lara Croft oder Selene und allen gemein ist ihre artifizielle Coolness, ihre ästhetische Makellosigkeit und ihre vollkommen unglaubwürdige Stärke. Genau deswegen kann bei Carano in HAYWIRE von einer Abkürzung die Rede sein, denn diese hübsche aber keineswegs blendende Frau geht mit ihrem klaren, reduzierten und konzentrierten Spiel eine gerade Linie von Ursache zu Wirkung. Mit nur wenig aufgesetzt wirkender Kälte, stets biomechanisch korrekt und zudem das Ornament der Schönheit nur durchhuschend, um es alsbald dankbar gegen Jeans und Kapuzenpulli zu tauschen, kürzt diese muskulöse Frau die Überstilisierung zur Superfrau ab – und fällt folgerichtig auf der anderen Seite, wo schon Rooney Mara wartet, in die Konnotierung zum dominanten Luder. Das muss die ewige männliche und ewig paradoxe Fantasie einer Frau sein, die ist wie ein Mann, aber eine Frau bleibt. Man(n) solle sie einfach nicht als Frau betrachteten, lautet der explizite Ratschlag des Films. Das macht sie mindestens so sehr anziehend wie furchteinflößend.

Haywire langeweile Bild
Manchmal wirds langweilig: Carano und Tatum von Rücken zu Rücken.

Verschnaufpausen in der Dramaturgie

Für Kenneth (Ewan McGregor) jedenfalls wird Mallory zu heiß, weswegen er seine Topagentin abservieren will. Noch ehe das misstrauische Kraftpaket herausfindet für wen sie denn eigentlich die Drecksarbeit verrichtet, steht sie bereits selbst auf der Abschussliste und von da an entrollt sich eigentlich die übliche Special Forces und Spezialagenten Geschichte des betrogenen und ausgeschlossenen Einzelgängers, der erst um sein Überleben kämpft, um dann schließlich Rache zu nehmen. HAYWIRE distanziert sich aber von den oft gesehenen Abläufen

Copyright Bilder und Trailer: Concorde

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