Einen überraschenden Einblick in das Leben der Hong Kong Triaden ermöglicht Johnnie To’s Gangsterfilm ELECTION. Neben fundierten Statistiken zu den kriminellen Machenschaften wird der Zuschauer auch in Absprachen mit der Polizei eingeweiht, erhält Lehrstunden in Gangstergeschichte und Moral und kommt langsam aber sicher dahinter, was die Triaden wirklich ausmacht.
Es stehen Wahlen an in Hong Kong, aber nicht etwa offizielle. Älter als die Wahl des Gouverneurs von Hong Kong ist jene des Triadenchefs und – jawohl – es wird demokratisch gewählt. Das hindert den Aspiranten auf den Chefposten Big D (Tony Leung) nicht daran, massiv Bestechungsgelder zu verteilen. Diese werden von den wahlberechtigten Ältesten auch gerne genommen, natürlich ohne die Meinung zu beeinflussen, ganz wie in der Demokratie auch. Der Favorit auf den Posten ist aber Lok (Simon Yam), nur dem will sich Big D nicht geschlagen geben. Aufmerksam verfolgt die Polizei die Geschehnisse und fürchtet berechtigterweise den Ausbruch eines Krieges. Kurioserweise hängt die Wahrung des Friedens letztendlich an einem mystischen Gegenstand der Triadenkultur, dem Drachenzepter, das zwar nur symbolischen Wert besitzt, die gläubigen Brüder und Onkel aber dennoch in die Knie zwingt.
Eben jene Ehrfurcht und Ehrerbietung im Kreise der Triaden ist es, der ELECTION auf die Spur kommen will, in einer Welt, in der zwar ständig betrogen, erpresst und gemordet wird, jedoch Treue und Loyalität oberste Priorität haben. Dabei lässt sich der Film kaum auf ein Genre ein und die Stimmung schwankt zwischen albern, bedrohlich und brutal. Genauso reicht die Bandbreite der Kriminellen von seriös und businessorientiert über egomanisch hin zu skrupellos treu.
Es ist nicht immer ganz einfach den Überblick zu behalten, bei der Unmenge an Namen und Zugehörigkeiten, die ELECTION in kürzester Zeit auftischt. Jedoch scheint die Konfusion und Orientierungslosigkeit zum Teil auch provoziert zu sein, was auf groteske Art verdeutlicht, wie nichtig der Unterschied zwischen Freund und Feind eigentlich ist, jeglicher Tradition zum Trotz. Ihm geht es nur ums Geld, sagt ein junger Schläger, als er mit einem Holzstamm auf einen Kollegen einprügelt. Dieser, ein loyaler Gangster alter Schule, erinnert den anderen immer wieder an den Codec. Erst als die beiden per Handy informiert werden, dass die Clans nun gemeinsame Sache machen, endet die Gewalt abrupt. Mit einer knappen Entschuldigung ist der Kampf ums Überleben vergessen.
Die Darstellung von Gewalt findet in diesem ansonsten nicht übermäßig actionlastigen Film sehr stilisiert und dennoch irgendwie realistisch statt. Sie wird angewandt als würde man übergründlich seine Schuhe putzen, und voller Eifer und Ordnungsbewusstsein immer noch einmal darüber polieren, bis auch alles glänzt. Das Ergebnis ist grotesk anzusehen, verstört teilweise auch und erinnert in seinem Höhepunkt an DEAD MAN und GHOSTDOG: Träge Köper werden ruhig und doch unausweichlich durchdrungen und deformiert. Selbst die Gitarrenklänge könnten streckenweise aus DEAD MAN stammen, im nächsten Moment ist aber schon wieder ein fröhliches, asiatisches Pfeifkonzert à la MAD MISSION zu vernehmen.
Als schließlich nach langem hin und her alles geregelt scheint, will der Film immer noch nicht enden. Johnnie To scheint es nicht zu gefallen, dass die Gangster nach einem Rekurs auf ihre Wurzeln als Klostermönche plötzlich in friedlicher Eintracht miteinander leben. Er vertraut den hohen Ehridealen der Triaden nicht und lässt nicht locker, ehe auch seine anständigsten Figuren ihr wahres Gesicht zeigen. Das treibt selbst den Hong Konger Affen das Entsetzen ins Gesicht.
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Election 2
Information:
Originaltitel: Hak se wui
Hongkong 2005
Dauer: 100 Minuten
Regie: Johnnie To
Drehbuch: Yau Nai-Hoi, Yip Tin-Shing
Darsteller: Simon Yam Tat-Wah, Tony Leung Ka-Fai, Louis Koo Tin-Lok, Wong Tin-Lam, Lam Suet, Eddie Cheung Siu-Fai, Nick Cheung Ka-Fai, Gordon Lam Ka-Tung, Maggie Siu Mei-Kei, David Chiang, Berg Ng Ting-Yip, You Yong, Tam Ping-Man, Wong Chung, Chan Siu-Pang, Yuen Bun, Raymond Wong Ho-Yin
Genre: Gangster
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