Blood and Bones (2004)

Blood and BonesFamilienepos auf asiatisch. Auf dem realen Leben des Shun Pei Kim basierender, epochaler Film über häusliche Gewalt, Egoismus, Habgier und Besitz.

Um diese Rolle hat sich Takeshi Kitano wahrlich nicht gerissen, am Ende aber hat er doch zugesagt den koreanischen Widerling Shun Pei Kim zu verkörpern, mit erschreckendem Talent für eine brutale Körpersprache. So gut füllt Kitano diese Rolle aus, dass man ihn hassen lernt im Laufe der fast zweieinhalb Stunden. Als junger Mann landet der aufstrebende Koreaner in der Industriestadt Osaka an und bald vergewaltigt und schlägt er regelmäßig seine Frau. Seine ewigen Gewaltausbrüche, Prügeleien und Nötigungen gehen auch nach seinem Einsatz im zweiten Weltkrieg für die Japaner weiter und halten an, bis er als alter Mann stirbt. Mit unbändigem Willen und purer Gewalt eröffnet er nach dem Krieg eine Kamaboko Fabrik, die ihn reich macht, indem er seine Familie und andere Koreaner ausbeutet, schlägt und demütigt. Weit und breit findet sich keiner, der ihm Einhalt gewähren kann und so wächst seine Macht unaufhaltsam.

Erzählt wird die Geschichte von Masao, dem Sohn Shun Pei Kims, dessen realer Widerpart Sogil Yan auch die Romanvorlage schrieb. Die koreanische Unabhängigkeit nach jahrelanger japanischer Unterdrückung und das Aufkommen des Kommunismus geben lediglich die Kulisse für dieses Familiendrama, in welchem sich grenzenloses Leid um eine rücksichtslose Zentralgestalt türmt, die sich nimmt, was sie will und auf das Leben aller anderer nur spuckt. Fast aller. Ganz unerwartet zeigt sich Shun Pei Kim mit einer der vielen Frauen, die er sich meist gewaltsam nimmt, rücksichtsvoll – zumindest nach seinen begrenzten Maßstäben. Das hindert ihn nicht daran weitere Frauen zu nehmen und zu schlagen, unzählige Kinder in die Welt zu setzen, seine Kinder zu verhöhnen, auszubeuten und seine Familie bis in den Tod zu schikanieren.

Regisseur Yoichi Sai’s unaufgeregte Art, den Film zu inszenieren, stößt oftmals vor den Kopf, entfaltet so aber eine ganz eigenen Wirkung. Da kein Wert darauf gelegt wird wichtige Eckpfeiler im Plot gesondert zu markieren und die unbeteiligt wirkende Kamera versucht in all der Misere einen neutralen Standpunkt einzunehmen, geht auch Handlung unter oder wirkt befremdlich und verblüffend. Auch kann es bei der Fülle an Personen über Generationen hinweg  leicht zu Verwechslungen kommen. Plötzlich anwesende Kinder deuten meist auf einen Zeitsprung hin, was genauso kurios wirkt wie manche dem Theater nahe Choreographie oder der absolut unfokussierte Fortlauf der Handlung. So taucht eines Tages plötzlich ein durch eine Vergewaltigung Shun Pei Kims entstandener Sohn auf, sorgt für großen Wirbel, lässt dann aber die auf die Kippe gestellte Geschichte einfach weiterlaufen. Wie die Figuren, die der Film portraitiert, so hält sich auch der Film mit Einwänden und kritischen Kommentaren zurück. Als die Halbschwester des Erzählers beispielsweise mit vollkommen zerschlagenem Gesicht auftaucht, findet dies im Umgang mit ihr keinerlei Erwähnung.

Im Laufe der Jahre ändern viele Figuren ihr Verhalten mehrmals radikal, bis irgendwann gar nicht mehr klar ist, wer wofür steht. Vermutlich wissen sie es selbst nicht mehr, denn schlussendlich zählt nur eins: Was will Shun Pei Kim. Und das ändert sich kein bisschen. Er will Macht, Geld und Besitz. Menschen zählen für ihn auch zu Besitz. „Mutter, Vater ist ein Kidnapper!“, heißt es am Ende ganz lapidar. Die Dinge geschehen einfach in BLOOD AND BONES, unfassbar, zeitlupenartig und dennoch unaufhaltsam.

Information:

Japan 2004

Dauer: 140 Minuten

Regie: Yoichi Sai

Drehbuch: Sogil Yan (Roman), Yoichi Sai, Wui Sin Chong (Drehbuch)

DoP: Takeshi Hamada

Musik: Tarô Iwashiro

Darsteller: Takeshi Kitano, Hirofumi Arai, Tomoko Tabata, Jô Odagiri, Kyôka Suzuki, Yutaka Matsushige, Mari Hamada

Genre: Drama, Familienepos

Im Kino ab:

Im Web:

Blood and Bones in der IMDb

Bilder und Trailer zur Filmkritik von Blood and Bones auf der offiziellen Website

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