Die Legende ist zurück. Und obwohl alles anders aussieht und die Stimmung im Vergleich zum Ur-Tron deutlich ernster geworden ist, hat der Mega Blockbuster bei genauer Betrachtung noch nicht einmal die Story verändert.
Der anfängliche Hinweis, dass im nun folgen Film aus künstlerischen Gründen nicht alle Szenen in 3D zu sehen sein werden und die Brille bitte trotzdem aufgesetzt bleiben soll, riecht nach fehlendem Selbstvertrauen. Schade, denn der erste Flug der Kamera durch die nächtliche Stadt, vorbei an Wolkenkratzern und durch den Titel, machen Lust auf mehr. Bis vor Flynns Haus fliegt die Kamera, wo Flynn (Jeff Bridges) gerade seinem noch kleinen Sohn als gute Nacht Geschichte von seinen bisherigen Abenteuern im „Raster“ erzählt. Freilich gilt diese Erzählung mehr dem Zuschauer und irgendwie klingt das Raster (Grid) nach dem Film MATRIX wie die zweite Wahl, aber bis hierhin ist die Szenerie in Punkto Dreidimensionalität so ziemlich das Beste, was zurzeit machbar ist, genauso wie die Eröffnungsbilder in AVATAR. Dennoch wird schnell klar, dass unsere Realität von nun an zweidimensional sein wird, wohingegen auf dem Raster der 3D Computer wütet. Dialoge bleiben jedoch trotzdem in 2D, vielleicht weil sie manchmal einfach flach sind.
Garrett Hedlund spielt Flynns 27 jährigen Sohn Sam, einen reichen, gespielt indifferenten Einzelgänger. Er gibt ihm während der Einleitung so viel gestellte Coolness, dass es gut tut wenig später endlich Jeff Bridges zu Gesichte zu bekommen. Von dessen Doppelrolle wird auch weitaus mehr verlangt als von Sam und so gibt es neben minimalistischen Styling und vielen Effekten auch Schauspielkunst zu bestaunen. Bridges alias Flynn existiert als der verschwundene Vater von Sam und auch als das von ihm selbst geschaffenes Programm Clu, wie im ersten Teil. Auch die meisten Fahrzeuge wurden aus dem ersten TRON übernommen, sofern man das so nennen darf, denn was damals mit simpelster Computergrafik und Zeichentrick gemalt wurde ist heute voll funktionstüchtige, fotorealistische CGI, die im Vergleich zu damals gleich doppelt dreidimensional wirkt. Gerade bei der Beibehaltung dieses schön eigenwilligen Settings mit seinen fliegenden Klammern und gerasterten Oberflächen, deren Ursprung noch im ersten Versuch liegt, sich eine Welt in einem Computer voller Bits und Bytes vorzustellen, hätte man erwartet auf mehr „programmatische“ Aha Erlebnisse zu stoßen. Die Programme in TRON: LEGACY sind hingegen eher pragmatisch, wenig spektakulär und können zum komplexen Thema Spiel nicht mehr beitragen als Zuschauer in einer Arena zu sein, als wäre dies TOTAL RECALL. Die Ausnahme stellt vielleicht das Programm Zuse dar, dass leider überhaupt nicht hält was es verspricht und sich zu einer hohlen Imitation einer bekannten Figur aus MATRIX stilisiert.
Zum Staunen gibt es trotz oder gerade wegen des optischen Minimalismus jede Menge. Schade, dass es heute oft zum guten Ton gehört Actionszenen so massiv zu verhackstücken, dass man gerade noch die wichtigsten Cues wahrnehmen kann, die bestenfalls vermitteln, wer denn nun wem gerade auf die Nuss gibt. TRON: LEGACY ist hierbei sicherlich kein negatives Paradebeispiel, aber bei so durchgestylten Sets tut es weh so viel verpassen zu müssen. Was das Lightcycle Race hingegen fabelhaft vermittelt ist das Gefühl für die Straße – Verzeihung – für das ceranflächenartige Raster, welches das Lightcycle abrupt aber elegant eine Etage tiefer oder höher schwingen lässt, je nachdem welche Rampe gerade befahren wird. Hier spielt das vollkommene Computerset all seine optischen Trümpfe aus. Nur begreift man trotzdem oft nicht, wer gerade wo ist, so als fehlte die allgemeine Choreografie. Eher verwirrend wirkt auch die Debatte um Perfektion, die dieser Film mit Sicherheit nicht zu Unrecht anstößt, jedoch vollkommen desolat in die Dramaturgie integriert. So wird mal dies, dann jenes perfekt genannt, was künstlich Konfusion stiftet nur mit dem Ziel, am Ende eben dieses Wirrwarr wieder aufzulösen, wobei die Tiefe der Erkenntnis bei unter 8bit liegt. Sehr schön wiederum an dieser Stelle ist die Einbringung von Emergenz, was einen schönen Gedanken in Richtung künstlicher Intelligenz wiewohl Menschsein darstellt.
Das Fazit: TRON: LEGACY ist optisch originell und konsequent, musikalisch trotz Daft Punk nicht immer elektronisch, in vielerlei Hinsicht etwas flach verschlüsselt, wozu leider auch Tron selbst zählt, dennoch spannend, actionreich und sehr nahe dran an TRON. Vielleicht war es der zu große Respekt zum Vorgänger, der dem Vermächtnis von Tron das Selbstvertrauen raubte und ihn allzu arg in Ketten legte, anstatt auf MATRIX noch einen draufzulegen. TRON: LEGACY ist trotzdem etwas Besonderes, ist fantasievoll, hält den Mythos hoch und, hey: Tron ist Legende!
Information:
Titel: Tron Legacy
USA 2010
Dauer: 127 Minuten
Regie: Joseph Kosinski
Drehbuch: Edward Kitsis, Adam Horowitz
DoP: Claudio Miranda
Schnitt: James Haygood
Musik: Daft Punk
Darsteller: Jeff Bridges, Garrett Hedlund, Olivia Wilde, Bruce Boxleitner, James Frain, Beau Garrett, Michael Sheen, John Hurt, Serinda Swan, Amy Esterle, Tony Besson
Im Kino ab: 27.01.2011
Im Web:
Tron: Legacy in der IMDb
Bilder und Trailer zur Filmkritik von Tron: Legacy auf der offiziellen Website