The Raid (2011)

the raid PlakatSprengstoff fürs Auge: Action ohne Wenn und Aber.

Eine Spezialeinheit der Polizei nimmt ein Gebäude ein, in dem sich über unzählige Etagen ein Verbrechersyndikat einquartiert hat. Soviel zur Handlung. Von Anfang an ist diesem Film anzumerken, dass er nicht wie die anderen Actionthriller seiner Art ist. Das sparsame Produktionsbudget spiegelt sich in ebenso sparsamen Räumen und sehr sorgfältig gewählten Einstellungen wieder, die – trotz vergleichsweise billiger Ausstattung und Aufnahmetechnik (Panasonic AF100) – die Geschichte zusammenhalten und ihr einen ganz eigenen Look harter Vertrautheit verpassen. Kaschiert wird der Mangel an Schauplätzen und belebter Umwelt aber nicht nur durch eine exzellente Kameraarbeit und eine kluge Auflösung. Auch die Story selbst erklärt bald nachvollziehbar das denkwürdig isolierte Unterfangen einer nur zwanzigköpfigen Spezialeinheit, gegen einen dicht bevölkerten Wohnblock mit Mogadischu Flair in den Krieg zu ziehen.

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Joe Taslim legt an: Jaka hatte sich den Einsatz etwas anders vorgestellt.

Neuling Rama (Iko Uwais) bedeutet seine Uniform viel. Mehr jedenfalls als seine schwangere Frau, die zu Hause auf ihn wartet. Als THE RAID während des harten Gefechts in Rückblenden an sie erinnert, erscheint diese soziale Komponente ganz fehl am Platze in einem Film, der die Grenzen von Action, Körperlichkeit und Kampfkunst bis an die Grenzen des empathisch Nachvollziehbaren treibt. Was noch wie ein militärischer Häuserkampf mit Schutzweste und Sturmgewehr beginnt, endet bald in einem Debakel, bei dem die Polizisten ums nackte Überleben kämpfen, mit Händen und allem was sich so bietet. Eingeschlossen in einem von Kameras überwachten Bauwerk und umgeben von Macheten tragendem Mob, kann Sergeant Jaka (Joe Taslim) bald nicht mehr für die Sicherheit seiner Männer sorgen, geschweige denn den gesuchten Gangsterboss Tama (Ray Shetapy) festnehmen. Einzig Rama, in seinem Rausch des physischen Exzesses taumelnd, ist gewillt ohne Verstärkung einen Gewaltmarsch bis zur 15. Etage zu wagen.

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An ihm zerbrechen alle: Iko Uwais ist der Polizist Rama.

Mit fordernder Musik traditionellen Ursprungs, komponiert vom Linkin Park Sänger Mike Shinoda, erweist der walisische Regisseur Gareth Evans den Zuschauern eine harte Lektion in der indonesischen Kampfkunst Silat, was übersetzt Tanz bedeutet. Die nur moderat unterschnittenen und ohne Physik aushebelnde VFX gedrehten Prügeleien erinnern tatsächlich nicht selten an einen wilden Streetdance. Die ewigen Hiebe gegen den Körper, gegen den Kopf, das Knallen gegen Wände, Möbel und andere Gegenstände hämmern jeden anderen Gedanken als pure Körperlichkeit aus dem Sinn. Das schiere Fleisch beginnt zu sprechen und ist schließlich den redundanten Choreographien Pina Bauschs nicht mehr fern. THE RAID erinnert auch an Jacky Chans kuriose Spaßakrobatik – nur dass hier Spaß mit Blut vertauscht wird. Mal umtanzt Rama seine Gegner in atemberaubender Geschwindigkeit und malt mit seinem kaum sichtbaren Messer rote Tupfen auf deren Hemden. Dann wird der Elitekämpfer so hart und oft getroffen, dass er mit einer schwankenden Kamera durch die schmalen Gänge des Gebäudes eiert wie das Pendel einer getroffenen Standuhr.

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Beliebtes Metzelinstrument: Bald gehen die Kugeln aus und Macheten kommen zum Einsatz.

Nur die mindestnötigen Verschnaufpausen lässt THE RAID seinen Akteuren. Nur eine minimale Hintergrundgeschichte unterbricht den Schwindel der beschleunigten Masse. Doch der ausgesprochen gute Sinn für Rhythmus und die überzeugenden Stilisierungen machen aus diesem Wenigen einen großen Zugewinn. Die Suspense funktioniert fantastisch, die Charaktere etablieren sich mit wenigen Worten treffsicher und gewinnbringend. Und schließlich erzählt auch jeder wichtige Fight ein mit Höhe- und Wendepunkten gespicktes Drama, dessen Storytelling alles souverän im Griff hat und sich zwischen Zeitlupe und gestylter Perspektive keine Ausrutscher leistet. Parallele Handlungen zeigt der Film nacheinander, um sie auch ja bis ins letzte Detail auskosten zu können. Dennoch schüttelt und schwirrt die Kamera, wann immer nötig, in nur scheinbar unpräzisen Bewegungen durch die oft engen Räume und macht mächtig Druck. Die Choreographien selbst überschlagen sich in ihrem Einfallsreichtum und ihrer Wucht derart, dass auch ohne viele Schnitte ein pausenloser Hagel an Schauwerten auf das Auge niederprasselt.

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Die Stills täuschen: Im Film wirkt die Kampfkunst von Mad Dog Yayan Ruhian keineswegs drapiert.

Die Story mag nicht sonderlich ergiebig sein, dafür funktioniert sie tadellos. Sie überrascht bis zuletzt, trifft den richtigen Ton für diese abgefahrene Situation und kann zudem mit interessanten Figuren aufwarten. Neben Iko Uwais, der sich mit diesem Film ein Denkmal setzt, überzeugt Donny Alamsyha als Andi und vor allem Yayan Ruhian: Er ist Mad Dog, ein sich selbst als Waffe bezeichnendes, drahtiges Männchen mit psychopathischen Kampfterrier-Ambitionen. Gemeinsam mit Hauptdarsteller Uwais choreographierte er auch die wilden und unverbrauchten Gefechte, die für neuen Pep im Martial Arts Genre sorgen. Man sollte jedoch einer gefühlten Quote von 90% Kampfaction zugeneigt sein, um sich mit diesem konsequenten Schlägerfilm anfreunden zu können. Ob der schmalen Geschichte, entrinnt der Film leider schnell der Erinnerung, was sich mit der Fortsetzung BERANDAL vielleicht ändern wird. THE RAID schrieb Regisseur Evans als Lowbudget Prequel für jenen Film, den er eigentlich mit Iko Uwais als Rama drehen wollte, nur leider bisher nicht finanziert bekam. Man darf gespannt sein, was ein ordentliches Budget mit mehr als nur einem Schauplatz in den Händen von Evans für Sprengkraft entwickelt.

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Strib Langsam, Hard Boiled

[tab:Film Infos]

Information:

Engl.Titel: The Raid: Redemption

Indonesien 2011

Dauer: 101 Minuten

FSK: 18

Regie: Gareth Evans

Drehbuch: Gareth Evans

DoP: Matt Flannery

Musik: Mike Shinoda, Joseph Trapanese

Darsteller: Iko Uwais, Joe Taslim, Donny Alamsyah, Yayan Ruhian, Pierre Gruno, Tegar Satrya, Ray Sahetapy

Genre: Action, Martial Arts

Im Kino: 12.07.2012

Im Web:

The Raid in der IMDb

Bilder zur Kritik von The Raid auf der offiziellen Website

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