Ein Mann von Welt (2010)

Ein Mann von WeltEine Groteske am Rande der Gesellschaft, wobei man sich nie sicher ist, wie groß dieser Rand tatsächlich ist. Gesprochen wird zu viel oder zu wenig, Gefühle sind verboten, Farben werden nur entwürdigend getragen, Sex wird zur Ersatz-Suchtbefriedigung der Zigaretten, denn an das Rauchverbot halten sich die anständig kaputten Menschen sehr wohl und das Morden schließlich ist eine Tugend. Das kommt ihnen bekannt vor? Dann sind sie EIN MANN VON WELT.

Wo für Ulrik (Skarsgård) die Welt anfängt, endete sie für die meisten. In einem bedeutungslosen Kaff mit bedeutungslosen Menschen und Schnee. Kaum mag man glauben, dass früher wirklich alles besser war, als hier noch die norwegischen Autos geklaut und nach Polen verkauft wurden, was massenweise Schnaps einbrachte. Aber immerhin ist Ulrik draußen aus dem Knast und das macht ihn zu etwas ganz besonderem.

Cafetrinken, Fernsehen, Abendessen und Ficken

Regisseur Moland zeichnet die Menschen in der Freiheit nicht minder gefangen als im Knast, aber geradlinig und aufrecht sind sie alle, schließlich muss man vorwärts schauen. In einer Welt aus kargen Wohnblöcken, Kellerloch, Kfz Werkstatt und unentrinnbarer Morbidität hausen Menschen, die sich nichts vormachen und bestenfalls hoffen kein Pflegefall zu werden. Genau deswegen kommen alle so schnell auf den Punkt und genau deswegen gibt es in dieser Welt keine Liebe und eigentlich herzlich wenig zu lachen. Wenn dann gerade der ehemalige Mörder anfängt ein guter Mensch zu sein, inmitten gestrandeter Wracks, wird es freilich doch komisch, oder besser grotesk.

Sommerreifen, Winterreifen, der KFZ Meister bringt es auf den Punkt, es muss immer weiter laufen, alles muss in Bewegung bleiben. So arrangiert man sich in den abstrusesten Konstellationen, erträgt und erträgt noch mehr, zumindest wenn man nicht den Mut hat, ein Mörder zu sein. Deswegen ist Ulrik so besonders, denn er kann töten. Um diese Gabe wird er von fast allen beneidet und alle buhlen sie um ihn. Da erscheint es schon fast unfassbar, dass die schwangere Freundin von Ulriks wiedergefundenem Sohn nicht will, dass das Kind im Umfeld eines Mörders aufwächst. In ihrer Familie gibt es wohl andere Hobbies.

Aber so gut die Vorsätze waren und so wirkungsvoll die Läuterung auch gewesen sein mag, die Ulrik in den 12 Jahren erfuhr, da die kranke Welt von ihm weggesperrt wurde, so unmöglich ist es auch aus all dem Kuddelmuddel, in das Ulrich in kürzester Zeit ohne sein Zutun verwickelt wird, wieder heil herauszukommen. Wer mehr Lebensinhalte als Cafetrinken, Fernsehen, Abendessen und Ficken will, muss damit rechnen mit Blut bespritzt zu werden.

Zerlach den Konflikt

Aber eigentlich schlägt sich Ulrik ganz wacker, denn das Lachen lässt er sich nicht nehmen. „Pfeife auf das Schicksalsdrama, mißachte das Unglück, zerlach den Konflikt“, heißt es bei Peter Handke poetisch. Bei Moland ist die Poesie der Chose nicht immer erkenntlich, aber zerlacht wird allerhand, und dass dann doch irgendwann die Sonne blitzen darf, ist sogar schön. Vielleicht liegt es daran, dass der nördliche Polarkreis mitten durch Norwegen verläuft, dass in derart lichtkargen Regionen der Humor oft schwarz gefärbt wird. Jedenfalls befindet sich hinter dem Lachen immer auch ein Drama, wie in WILBUR WANTS TO KILL HIMSELF von der Dänin Lone Scherfig. Dabei gelingt es Hans Petter Moland sehr gut seine schrägen Figuren mit Leben zu füllen, anders als die Charaktere in Jeunet’s letztem Film MICMACS oder auch im zum reinen Kinderfilm geratenen ADÈLE UND DAS GEHEIMNIS DES PHARAOS von Luc Besson.

Bilder und Trailer zur Kritik von EIN MANN VON WELT:

Website ein Mann von Welt

Informationen

Regie: Hans Petter Moland

Darsteller: Stellan Skarsgård, Bjørn Floberg, Gard B. Eidsvold, Jorunn Kjellsby, Bjørn Sundquist, Jon Øigarden

Genre: Groteske, Komödie, Sozialdrama

Schulnote: 2
http://www.youtube.com/watch?v=YwpCNjG-JIQ

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