Hintergründigst verstrickter mit doppelt und dreifachem Boden versehener Science Fiction Spionagefilm, der darum ringt aus einem hypnotischen Traum zu erwachen und nichts zurücklässt wie er es vorfand. Mind blowing und fernab gelebter Realität.
In CYPHER entsteht der Eindruck, als würde der Film nie wirklich erwachen, als hielte ein Traum die Geräusche gedämpft und lenkte die Geschicke des Protagonisten Morgan Sullivan (Jeremy Northam) lautlos und unsichtbar. Der Protagonist versteht immer erst rückblickend was mit ihm geschieht, wie in der Traumanalyse. Handlungsort ist eine artifiziell konstruierte Welt, die jegliche visuelle Ungereimtheit konsequent ausspart. Hypersymmetrie gegen freie Formen, dunkle Grautöne versus Farbenreichtum und schließlich makellose Ordnung gegen jeglichen Zweifel. Aber das Chaos bricht in Sullivans Gehirn ein, beschert ihm Alpträume und Nackenschmerzen, seit er für Digicorp als Spion arbeitet. Dabei ist sein Alltag mehr als langweilig, er überträgt lediglich ermüdende Reden in endlosen Kongressen überall im Land, von denen einer dem anderen zum Verwechseln gleicht und zwischen denen nur endlose Flugzeugaufenthalte liegen. Dennoch ist seine Mission so geheim, dass er unter falschen Namen reist. Stück für Stück scheint er Gefallen an der neuen Identität zu finden, mit welcher er zudem seiner drachenhaften Ehefrau entfliehen kann. Neuer und einziger Farbklecks in seinem Leben ist die unbekannte Rita (Lucy Liu), die mehr über ihn zu wissen scheint, als er ahnt.
Mit ruhigen Bildern und gedehnter Musik bewegt sich CYPHER über lange Strecken in einem hypnotischen Tempo, ehe die Erzählung Fahrt aufnimmt und die vielen Mysterien Stück für Stück aufklärt. Statt Konflikten arbeitet der Film hauptsächlich mit Rätseln, die nur selten handlungsanleitende Zwänge besitzen und eine Betrachtung des Films erlauben, die dem Studieren eines Artefakts in der Glasvitrine gleichkommt. Ähnlich fühlt sich wohl auch Sullivan selbst, der sein eigenes Leben immer mehr der Realität enthoben und schließlich auch der Zeit enteilt betrachtet. Seine Aufgabe als Spion für Digicorp ist es, die Konkurrenz bei Sunways auszuspähen. Wo sich der Film ansonsten in langen und zeitlos ruhig vorgetragenen Dialogen ergeht, bleibt er in der Causa Spionage unerträglich einsilbig. Erst als Sullivan die Konkurrenz Sunways infiltriert, erfährt er mehr über seinen Auftrag und den geheimnisvollen Dritten im Spiel.
CYPHER versteht sich nicht nur darauf alles anders erscheinen zu lassen als es ist, es gelingt ihm auch aus Langsamkeit und Eintönigkeit Spannung zu generieren. Als die Hüllen langsam aufbrechen glänzt der Film in einigen Szenen, bei denen das Ankommen in der Realität wie ein Aufatmen nach einem langen Tauchgang befreit. Doch schon als die Farben zurückkommen ins Leben von Morgan Sullivan ist man sich nicht sicher, ob man nicht schon im nächsten „Film“ steckt.
Ähnliche Filme:
Dark City, Matrix
Information:
USA 2002
Dauer: 95 Minuten
Regie: Vincenzo Natali
Drehbuch: Brian King
DoP: Derek Rogers
Musik: Michael Andrews
Darsteller: Jeremy Northam, Lucy Liu, Nigel Bennett, Timothy Webber, David Hewlett
Genre: Science Fiction, Mystery, Spionage
Im Kino ab: 18.01.2003
Im Web:
Cypher in der IMDb]
http://www.youtube.com/watch?v=PwC6qs78nhc