Bewegender Film über sich prügelnde Versager.
Kang Tae-shiks (Choi Min-shik) größter Triumpf liegt viele Jahre zurück, doch die Silbermedaille im Boxen war und ist das Beste, was er je zustande gebracht hat. Das Boxen, so erklärt er den Kindern am „Was macht mein Vater Tag“ in der Schule, sei sein Leben und so findet er sich mit 43 als menschlicher Boxsack in der Fußgängerzone wieder, denn Stolz bringt kein Essen auf den Tisch. Parallel zur erniedrigenden Geschichte des gealterten Boxers betritt Yu Sang-hwan (Ryoo Seung-beom) als ein junger Schläger und Krimineller den Film, der alsbald, zum Kummer seiner Familie, im Gefängnis landet. Wie Kang Tae-shik findet er im Boxen die letzte und einzige Art, mit seiner Umwelt zu kommunizieren. Der koreanische Regisseur Ryoo Seung-wan lässt die beiden in getrennten Geschichten ein ums andere mal an der Verantwortung und den Erwartungen, die an sie gestellt werden, scheitern. Der Ausweg scheint immer nur Gewalt. Wie groß dabei dennoch ihre Verletzlichkeit ist, verrät die brüske Art wie sie Vertrauen, Freundlichkeit und Zuspruch zurückweisen. All dies scheint sie an ihr Versagen zu erinnern, was den Druck nurmehr erhöht. Schlussendlich versuchen sie sich mit dem zu beweisen was sie können, nämlich der Faust, die nur äußerlich hart wirkt und innerlich weint vor Angst und Scham.
Neben zwei physisch hervorragend agierenden Schauspielern wartet der Film mit einem Wechsel aus klassischer Kameraführung und unkonventionellen Wackelbildern auf. Vor allem wenn die verbal schwachen Hauptakteure in die Enge getrieben werden beginnt das Bild ihrem Seelenzustand gleich zu wanken, die Schnitte springen wie die Emotionen und das Erlebnis wird rau und hart wie ein Schlag ins Gesicht. Nicht ansatzweise werden bei den Boxszenen Choreographien erreicht, von welchen große Boxfilme leben. Stattdessen vermitteln die unschönen, kantigen Einstellungen viel reale Körperlichkeit, was der Sprache der Figuren vollauf gerecht wird. „Was ist das für ein beschissenes Gefühl“, fragt sich Yu Sang-hwan nach einer weiteren Niederlage, und ganz langsam beginnt er seine Wut und Enttäuschung zu kontrollieren. Doch wo nicht mehr andere für sein Versagen einstecken müssen peinigt er sich selbst. Überhaupt lässt CRYING FIST die Hoffnung nur ganz langsam und zögerlich aufkeimen, ein bisschen Pathos erlaubt er sich erst zum großen Finale im Ring, wo die beiden Gescheiterten aufeinandertreffen. Doch eines steht da schon fest: Es wird wieder einen Verlierer geben.
Ganz selten gelingt es in Filmen den Blick auf so verkorkste Gestalten freizugeben, ohne deren Wesen zugunsten der Dramaturgie aufweichen zu müssen. Hier aber wehren sich zwei Dickköpfe mit Händen und Füssen dagegen ein besserer Mensch zu sein und Regisseur Ryoo Seung-wan lässt sie sein. Am Ende moniert einer der Boxreporter, das Boxen sei auch deswegen nicht mehr so populär, weil vergessen wurde, worum es in diesem Sport eigentlich ginge. CRYING FIST jedenfalls lässt keinen Zweifel daran, wofür sich die Protagonisten die Gesichter blutig schlagen: Sie prügeln sich für Anerkennung, Liebe und für ihre Art Mensch zu sein.
Information:
Orig. Titel: Jumeogi unda
Südkorea 2005
Dauer: 134 Minuten
Regie: Seung-wan Ryoo
Drehbuch: Seung-wan Ryoo, Cheol-hong Jeon
DoP: Jo Yong-Gyu
Genre: Drama
Darsteller: Min-sik Choi, Seung-beom Ryoo, Won-hie Lim, Ho-jin Jeon
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