Puristischer und dennoch verspielter Kämpferfilm vor digitaler Papierkulisse. Im Leben geht es nicht nur ums Kämpfen? Doch. Bunraku ist die Essenz aller Jungsfilme und deswegen schon wieder massentauglich.
Wir befinden uns in einer nicht näher definierten Zukunft nach der kriegerischen Apokalypse der modernen Welt. Sämtliche Feuerwaffen wurden vernichtet, um die verbliebenen Menschen vor dem eigenen Selbstzerstörungstrieb zu retten. Doch Ausbeutung und Unterdrückung gehen weiter. Nicola (Ron Perleman) der Holzfäller hat das Land in seiner Gewalt, unterstützt von einer Killerbande, die mit Schwertern und Fäusten tötet. Das Land ist hierbei nichts weiter als eine Ansammlung aus Pappmache und Papier, geformt zu Bergen und Tälern. Die Häuser der Stadt und selbst deren Bewohner entfalten sich wie papierne Popup Bilder aus dem Nichts. Das Ausstellen der eigenen Künstlichkeit des Films findet seine Fortsetzung in der bloßen Anwesenheit der Erzählerstimme, welche zudem unverblümt die Austauschbarkeit der Kulisse anspricht, mit den einleitenden Worten: Es gibt viele Möglichkeiten, die uralte Geschichte des Kampfes zu erzählen.
In diesem Sinne lösen sich die Prototypen, Archetypen und Klischees von BUNRAKU vollkommen von jedem Realismusgedanken ab, gleichzeitig kreiert die konzentrierte und essentielle Ausstellung ihres Wesens aber eine Ernsthaftigkeit, die den Film fabelhaft funktionieren lässt. Zu dieser fantastischen Vollfiktion gesellt sich der Humor der Selbstreflexion, welcher Gefallen daran findet, an seiner bereits als pathetisch erkannten Art dennoch festzuhalten und dies mit jeder Faser zur Geltung bringt, von der Erzählerstimme bis hin zur komisch-coolen Musik.
Der Film bedient sich sämtlicher Mittel der Visualisierung, die zweidimensional möglich sind und lässt Schattenspiel ebenso wie Collagen und Comicszenen die Geschichte erzählen. Die echt gefilmten Schauspieler wirken keinesfalls deplatziert in der dünnwandigen Kulisse, denn sie gehen voll in ihren ebenso eindimensionalen Charakteren auf. Der grandiose Josh Hartnett betritt als Drifter die Stadt und erzeugt mit seinem Cowboy-Stranger-Starauftritt kindliche Freude – nur beim Zuschauer jedoch, denn alle anderen bekommen erstmal eine auf die Nuss. Er hat ein klares Ziel vor Augen und auch wenn er es nicht verrät, weiß der Barmann (Woody Harrelson) gleich Bescheid. Zusammen mit dem Samurai Yoshi (Gackt), der ebenfalls plötzlich in der Stadt auftaucht und für Wirbel sorgt, baut er den Cowboy als Papierfigur in sein Popup Buch der Befreiungsgeschichte einer Stadt ein. Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg, auf dem eine Vielzahl von Killern ausgeschaltet werden müssen. Diese benennt BUNRAKU lapidar mit Nummern, wobei bereits Nummer 2 (Kevin McKidd) ein kaum überwindbares Hindernis darstellt. Trotz all dem übertriebenen Heroismus und Ehrgefühl bleibt der Film im Gipfel der Pathetik herrlich unvorhersehbar und nüchtern. BUNRAKU meint es trotz allem ernst.
Abgesehen von Hartnett, der ambitioniertesten Figur des Films, bedürfen Bösewicht Nicola, Samurai Yoshi sowie der begeisternd von Harrelson gespielte lakonische Barmann trotz aller Loneliness eine Frau in ihrem Gepäck. So kommen schließlich noch Alexandra (Demi Moore) und Momoko (Emily Kaiho) zur Steigerung der dramatischen Fallhöhe ins Spiel. Manchmal wirkt das ganze zu sehr wie Zirkus à la HOOK, insgesamt gelingt Regisseur Moshe aber ein beeindruckend schöner Film, der Purismus mit Kitsch ebenso wie Theater mit Film und schließlich präsente Realität mit hyperfiktionaler Fantasie vereint. Das haben außer von Trier wohl erst wenige geschafft. Ein Traum, der einen umhaut.
Ähnliche Filme:
Dogville, Manderlay, Mein Name ist Nobody, Casshern, Samurai Champloo
Information:
USA 2010
Dauer: 124 Minuten
FSK: 16
Regie: Guy Moshe
Drehbuch: Boaz Davidson (Geschichte), Guy Moshe (Drehbuch)
DoP: Juan Ruiz Anchía
Musik: Terence Blanchard
Darsteller: Josh Hartnett, Demi Moore, Woody Harrelson, Ron Perlman, Kevin McKidd, Gackt Shun Sugata, Jordi Mollà, Emily Kaiho, Mike Patton (Sprechrolle)
Genre: Action, Drama, Fantasy, Märchen, Fighter
Im Kino: –
Auf DVD/Blu-Ray: 28.10.2011
Im Web:
Bunraku in der IMDb
Bilder und Trailer zur Filmkritik von Bunraku auf der offiziellen Website
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