Bryan Mills: Wenn ich sie töte, kommen ihre anderen Söhne, um Rache zu nehmen…und ich werde auch sie töten.
Liam Neeson ist 4 Jahre nach dem Riesenerfolg mit 96 HOURS – TAKEN zurück als Bryan Mills. Damals gelang es dem von Luc Besson produzierten Film nicht nur durch seine rasante Machart zu überzeugen. Vor allem die einfache Bodenständigkeit der Hauptfigur Mills war es, die dem Actionhelden ein ganz unvergessliches Gesicht bescherte, in dem sich neben Zorn auch fürsorgliche Pedanterie und hilflose Bravheit wiederspiegelte. An diesem gut abgestimmten Rezept hat die Fortsetzung 96 HOURS – TAKEN 2 nichts geändert und bleibt auch mit Thema und Figuren voll auf Kurs des Vorgängers.
Wo der Ex-Agent Mills vormals um das Überleben seiner entführten Tochter kämpfte, gerät er nun selbst ins Visier der albanischen Mädchenhändler aus dem kleinen Ort Tropoja, die gerade noch die Opfer von Mills letztem Abenteuer unter die Erde bringen. Mills Verhältnis zu Exfrau Lenore (Famke Janssen) und Tochter Kim (Maggie Grace) hat sich indes gebessert, so dass die zerrissene Familie bald im Istanbul-Urlaub wiedervereint wird. Augenzwinkernd werden diesmal nach dem Zugriff der Albaner die Rollen vertauscht und Tochter Kim versucht auf abenteuerliche Weise ihre Eltern aus den Fängen der als astreine Bösewichte gezeichneten Banditen zu befreien.
Im folgenden Rush mischen sich furiose Ideen mit oft gesehenen Standardelementen des Actionkinos. Nonstop und unter Hochspannung wechseln die Rollen zwischen Jäger und Gejagtem, stets jedoch überschattet von der väterlichen Besorgtheit Mills. Liam Neeson gibt dabei weder coole Sprüche von sich, noch kann er mit Martial Arts oder anderen Showeinlagen Punkten. Er ist einfach nur ein hochkonzentrierter, angestrengter Mann, der wie ein Besessener daran arbeitet, alles wieder in Ordnung zu bringen. Dabei erweckt Neesons Mills in keinem Moment den Eindruck, als hätte er Spaß an dem, was er am besten kann: Menschen töten.
Erzkonservativ und mit der Familie als höchstem Wert gibt er so einen Rächer ab, der unterstreichen will, nicht der Ursprung der Aggression zu sein, wenngleich er durchaus in der Lage ist, diese jederzeit zu beherrschen. So wirkt dieser französische Film irgendwie ur-amerikanisch, nulltolerant und in seiner Zeichnung der trainingsanzugtragenden, vergeltungssüchtigen und selbstgerechten Albaner auch durchaus populistisch. Zum Glück ist 96 HOURS – TAKEN 2 viel zu sehr flaches und übertriebenes Kino, als dass man sich hierüber ernsthaft ärgern muss. Mills ist wie immer bereit ganz Istanbul in Schutt und Asche zu legen, um seine Familie in Sicherheit zu bringen, nur sind ihm im wahrsten Sinne des Wortes die Hände gebunden. In einem ähnlich aufregenden Telefonat wie im ersten Teil schickt er seine Tochter mit Handgranaten bewaffnet auf die Dächer der Stadt – und kreiert so eine Szene, deren Absurdität nur von ihrer Genialität übertroffen wird. Allein deswegen ist der Film schon sehenswert.
Gegen Ende hin wird aber zu schnell klar, wie der weitere Verlauf aussehen wird, die bösen Buben um Murad (Rade Serbedzija) sind arg eindimensional und die Story bietet kaum Enthüllungen und überraschende Hindernisse. Die eher handfesten Konflikte der Handlung werden mit handwerklichem Geschick in Szene gesetzt, der Puls hämmert – aber das Herz schlägt dennoch keine Kapriolen. Das schönste am Film bleibt schlichtweg Neesons Verkörperung eines Actionhelden, der Sympathien für sich gewinnt, gerade weil er nicht so smart und perfekt ist wie sein Kollege Matt Damon als Jason Bourne. Gegen den wirkt der Hüne aus Irland wie ein grober Holzklotz, unbeholfen irgendwie, abgehetzt – dafür aber zu allem bereit. Allerdings kann Mills unter der Regie von Olivier Megaton nicht mehr zum skrupellosen Rächer mutieren und darf nicht länger als Rächer der Gedemütigten zurückschlagen, wie noch im ersten Teil. Das zweite Drehbuch von Kamen und Besson gibt dies nicht mehr her, ist zudem etwas zu direkt geraten und verliert den revolutionären Gedanken des Vorgängers recht deutlich.
Sich selbst erreicht hat 96 HOURS – TAKEN 2 also nicht, für eher brave Actionfans mit wenig unterdrückten Aggressionen ist er aber dennoch eine ausreichende Triebabfuhr. Das neue Verhältnis von Mills zur Gewalt erinnert schließlich sogar ein wenig an Tom Selleck in QUIGLEY DER AUSTRALIER. In einem famosen Finale streckt der eigentlich am Gewehr versierte Jäger Quigley seinen diabolischen Widersacher im Revolverduell nieder. Der Sterbende wundert sich noch über die Handfertigkeiten Quigleys am Revolver, was dieser mit den Worten kommentiert: Ich hab gesagt, ich kann damit nichts anfangen. Ich habe nie gesagt, dass ich damit nicht umgehen kann!
Was einen möglichen dritten Teil angeht, so stellt sich vor allem eine Frage: Gibt es in Tropoja denn überhaupt noch Menschen? Wikipedia verrät, dass im Dorf weniger als 500 Menschen leben, wohingegen der gleichnamige Kreis weit über 5000 Menschen als Wohnort dient. Das sollte selbst in Luc Besson Maßstäben noch eine Weile reichen…
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