Fantasieren, fabulieren, träumen: Visuelles Märchen, ohne Richtung, ohne Absicht, ohne Ziel.
Grob zusammengefasst handelt Tarsem Singhs Film THE FALL von dem traumatisierten Stuntman Roy (Lee Pace), der nach einem Unfall mit heftigen Rückenschmerzen und funktionsuntüchtigen Beinen im Krankenhaus zu verzweifeln droht, wäre da nicht Alexandria (Catinca Untaru), eine pummeliges Mädchen mit gebrochenem Arm und ausgeschlagenen Zähnen. Die Handlung spielt in den 20er Jahren in Amerika und mindestens ebenso in der Fantasie seiner Protagonisten, die mit abenteuerlichem Märchenerzählen mehr als nur die Zeit tot zu schlagen versuchen. Von der ersten Sekunde an imponiert der Film mit großartigen Bildern und schamlos dominanter Musik von Beethoven. Wo der Prolog in Zeitlupe und Schwarz-Weiß der tragischen Realität einen entfremdend schönen Filter vorschiebt, da gestalten sich die Ausflüge in die Welt von Roys Erzählungen, denen Alexandria aufgeregt auf seinem Krankenbett folgt, als bunte Fantastereien mit wenig Zusammenhalt. Vor
überwältigenden Naturkulissen und architektonischen Wonnen macht sich eine Gruppe von sechs Männern auf die Suche nach Odious (Daniel Caltagirone), dem schrecklichen Gouverneur, der ihnen allen Leid zufügte und nun ihrer Rache anheimfallen soll. Die fabulierten Gestalten ähneln dabei nicht zufällig den im Krankenhaus verkehrenden Personen und ebenso deutlich werden die Hoffnungen und Ängste von Erzähler Roy und seiner kleine Zuhörerin, die alsbald selbst in die Erzählung einsteigt, mit verstrickt. Diese Art der direkten Übertragung von tatsächlich Erlebtem in fantasierte Geschichte sieht jedoch nur aus wie ein Traum, verfolgt aber leider eine sehr viel einfachere und durchschaubarere Logik. Deswegen, und aufgrund der Handlungsarmut vor imposanter Kulisse, verkommt die erzählte Geschichte zu einem Märchen für Kinder, das Erwachsene bestenfalls zum Schmunzeln bringt.
Die Rahmenhandlung auf der realen Seite hingegen duldet nicht viel Lachen. Alexandrias wie Roys Geschichte ist todernst und der Film wehrt sich erbittert, den Hoffnungen des lebhaften Mädchens nachzugeben. Das Resultat ist entweder ein Kinderfilm der viel zu ernst ist, oder ein Märchenfilm für Erwachsenen, dem es an Zielgerichtetheit fehlt. Unbestritten ist THE FALL ein durch und durch visueller Film, der, sofern man ihm keine Absicht unterstellt, für allerlei Überraschungen gut ist und mit seiner ungewöhnlichen Art Freude durch sein bloßes Ablaufen erzeugt.
Fernab vom Kitsch inszeniert Singh mit der vorlauten Catinca Untaru ein Filmkind, das an Unbeschwertheit und Originalität seinesgleichen sucht. Manchmal wirkt der Film gewollt schön, manchmal übertrieben kreativ, dass er jedoch keine Hintergedanken hegt ist nicht nur Defizit sondern mindestens so sehr Auszeichnung. Schließlich wirkt THE FALL wie eine Hommage ans Filmmachen und Fabulieren selbst und bedarf weder Interpretation noch Tiefgang.
Ähnliche Filme:
Pan’s Labyrinth, Das Kabinett des Doktor Parnassus, Tintenherz
Information:
Griechenland, Indien, USA 2006
Dauer: 117 Minuten
FSK: 12
Regie: Tarsem Singh
Drehbuch: Dan Gilroy, Nico Soultanakis, Tarsem Singh
DoP: Colin Watkinson
Musik: Krishna Levy
Darsteller: Catinca Untaru, Lee Pace, Justine Waddell, Kim Uylenbroek, Daniel Caltagirone
Genre: Fantasy, Märchen
Im Kino: 12.03.2009
Im Web:
The Fall in der IMDb
Bilder und Trailer zur Filmkritik von The Fall auf der offiziellen Website
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