Sympathy for Mr. Vengeance (2002)

Sympathy For Mister VengeanceNach emotionaler Erdrosselung erfolgt körperliche Dekonstruktion: Autistisch unterkühlter Leidenstrip voller Gewalt.

Ryu (Shin Ha-kyun) ist mehr ein Mann der Taten denn der Worte, schließlich ist er taubstumm. Dennoch verrät seine Oberfläche viel über sein Inneres. Das Innere ist es, was die Schuld für all das Leid in SYMPATHY FOR MR. VENGEANCE trägt, deswegen wird es verdrängt und ausradiert, von allen Figuren –  bis schließlich nur noch die Körper ihre angeblich unvermeidlichen Aufgaben erfüllen, stetig dem Tod entgegen. Gefühle werden nicht ausgedrückt, sie werden befolgt wie Befehle. Die Handlung verläuft sachlich kalt und mit ruhiger Präzision. Park Chan-wook inszeniert hierbei einen Film, der ohne großes Drama konsequent an die Grenzen des Menschseins  gehen kann, weil die Haltung zum Erzählten distanziert bleibt und sich strikt an der Oberfläche bewegt. Und genau dies vermittelt überdeutlich, was vom Schmerz gebrochene Personen umtreibt, die jenseits von Gut und Böse stehen und nichts mehr zu verlieren haben: Alles erscheint wie in Zeitlupe, Sadismus und Masochismus verlieren ihren Schecken, vormals Unvorstellbares rückt in greifbare Nähe. Der zerschundene Körper hält sich mit den letzten Fasern gerade noch so lange beisammen, wie es nötig ist, um die selbst auferlegte Pflicht zu tun.

Ryu‘s Schwester (Lim Ji-Eun) braucht eine Spenderniere, doch Ryu kommt als Spender nicht in Frage. Nachdem er bei seinem Versuch die Schwester zu retten nicht nur eine seiner Nieren, sondern auch sein ganzes Geld an die Organhändler verloren hat, bietet sich plötzlich die Möglichkeit auf legalem Weg eine Niere zu erlangen, allerdings fehlt nun das Geld. Zusammen mit seiner Freundin plant er eine Entführung um Geld zu beschaffen, doch damit erhöht sich das Unglück und die Missgeschicke häufen sich. Dabei ist SYMPATHY FOR MR. VENGEANCE durchaus kein klassischer Rachefilm. Denn weder bietet der Film ernsthafte Bösewichte, noch gibt es den oftmals ersehnten Showdown; ja noch nicht einmal Schusswaffen tauchen auf. Deswegen helfen sich die Leidenden mit dem, was eben zur Verfügung steht. Dabei sind es nicht Baseballschläger, Schraubenzieher und Stromstöße allein, die den Film so brutal erscheinen lassen, sondern auch der Umstand, dass es sich hierbei um die Waffen des realen Alltags handelt. Und in diesen bricht die Gewalt ein.

Auf seinem langen Weg zum körperlichen Frieden springt der Film zwei Stunden lang durch Schauplätze und Erzählstränge, was nur die eine Perspektive auf das Geschehene nicht zulässt. Park Chan-wook konzentriert sich dabei gekonnt auf Schlüsselszene, die er mit faszinierter Bedächtigkeit vorträgt, wohingegen er Zwischenschritte und logische Brücken der Handlung poetisch verknappt oder komplett beiseite schiebt. Dennoch funktioniert der Film sehr gut, wenngleich er mehr erschlägt als berührt. Die zartesten Gefühle zeichnet SYMPATHY FOR MR. VENGEANCE ganz zu Beginn, und packt sie bildlich in ein Aquarell. Eben hierhin kommt der Film am Ende zurück, nur ist außer Körper nichts menschliches mehr geblieben.

 

Ähnliche Filme:

Lady Vengeance, Oldboy

Information:

Südkorea, 2002

Dauer: 129 Minuten

Regie: Park Chan-wook

Drehbuch: Mu-yeong Lee, Chan-wook Park

DoP: Kim Byeong-il

Darsteller: Kang-ho Song, Ha-kyun Shin, Doona Bae, Ji-Eun Lim, Bo-bae Han

Genre: Tragödie

Im Web:

Sympathy for Mr. Vengeance in der IMDb

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