Tony Scott inszeniert mit UNSTOPPABLE einmal mehr einen unglaublich schnellen und dichten Film voller Actionbilder und vollkommen vorhersehbarer Handlung. Packend, unterhaltsam, farblos.
Eigentlich ist bereits nach wenigen Minuten klar, wohin dieser Film steuert und wie er enden wird, denn Wendungen werden leicht antizipiert und selbst die Charaktere entsprechen einem eindeutigen Schema. Trotzdem wird es in UNSTOPPABLE nie langweilig, was vor allem dem Feuerwerk an Schnittbildern, den ewig schwenkenden, fokussierenden und zoomenden Kameras sowie einer Suspense zu verdanken ist, die durch ewiges Hinauszögern der gleichen Handlungen entsteht. Kurzum: Der Film packt mit technischer Finesse, jedoch ohne Innovation, ohne Tiefgang und ohne sein Genre zu bereichern.
Aufgrund der Schlampigkeit eines Rangierers setzt sich ein riesiger, mit giftigen Stoffen beladener Güterzug führerlos in Bewegung und rast mit Höchstgeschwindigkeit durch die Gegend. Es dauert eine Weile, bis sich die Verantwortlichen der Gefahr bewusst werden und von da ab gilt es, mit linear steigendem Eifer, den Zug zu stoppen. Vom anderen Ende der Todesstrecke kommen die Bahnarbeiter Colson (Chris Pine) und Barnes (Denzel Washington) dem Todeszug entgegen. Mit Privatleben und emotionalem Background – von dem man nicht zu viel erwarten sollte – ausgestattet, haben diese beiden Figuren eigentlich schon genug mit sich selbst zu tun, ehe sie in die Katastrophe verwickelt werden.
Dabei lehnt sich der Film an einen echten Vorfall in den USA aus dem Jahr 2001, der bis auf die üblichen Überdramatisierungen und einige spannungssteigernde Elemente verblüffend gut vom Film wiedergegeben wird – wobei die Verblüffung vor allem daher rührt, dass so etwas wirklich geschehen konnte. Etwas nervend wirkt das ewige Handygebimmel im Film, dennoch wurde UNSTOPPABLE 2011 für den besten Tonschnitt Oscar nominiert. Darstellernominierung gab es zu recht keine, Denzel Washington erscheint gar so weise und zurückgelehnt, dass man ihn für einen Hollywoodstar halten könnte. Das leiser Drehen der – für ganz heroische Momente – ins Bedächtige umschwenkenden Musik, deutet keineswegs an, dass dieser Film auch leise Töne anschlagen könnte. Stattdessen filmt Scott die übrigen Bahnarbeiter vor dem Fernseher ab, die das ganze Geschehen genauso wie der Zuschauer erleben und auch gleich die erwünschte Reaktion mitliefern, was dem Gelächter in Sitcoms gleich kommt.
Die Liebe zum Thema Bahn ist dem Film anzusehen. Mit all ihrer technischen Raffinesse, ihren brachialen Maschinen, ihren Kontrollstationen, die mit den blinkenden Lichtern wie aus antiquierten französischen Kriminalfilmen wirken, mit den harten Jungs, die alles auf ihre kumpelhafte Art am Laufen halten und freilich mit den fantastischen Helikopteraufnahmen fahrender Züge über Trassen und Stahlkolosse von Brücken, ja mit all diesen Elementen ist die Bahn einmal mehr jene Heterotopie, die schon seit jeher Enthusiasten schuf und einen würdigen Ersatz zum ausgestorbenen Cowboydasein bietet. Hier kämpfen harte Männer auf Stahl gebettet gegen Natur, Bürokratie und sich selbst. Vermutlich wollen nun wieder mehr Jungs Lokführer werden. Ob sie wissen, dass der Blick aus dem Führerstand nicht im nächsten Moment zum Helikopter hoch geschnitten wird?
Information:
Engl. Titel: Unstoppable
USA 2010
Dauer: 95 Minuten
Regie: Tony Scott
Drehbuch: Mark Bomback
DoP: Ben Seresin
Musik: Harry Gregson-Williams
Schnitt: Chris Lebenzon, Robert Duffy
Darsteller: Denzel Washington, Chris Pine, Rosario Dawson, Ethan Suplee, Kevin Dunn, Kevin Corrigan, Kevin Chapman
Genre: Katastrophenfilm, Action
Im Kino ab: 11.11.2010
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