In guten Händen (2011)

In guten Händen PosterVibrator statt Thermometer: Hysterisch komödiantisch bis der Arzt kommt.

HYSTERIA lautet der Originaltitel von Tanya Wexlers romantischer Komödie, die sogar ein wenig Drama und etwas Emanzipation bietet. Anders als Cronenbergs A DANGEROUS METHOD sind hier aber kein Freud und kein Breuer dem versexten Unterbewusstsein auf der Spur. Vielmehr wird die Hysterie noch vor der psychoanalytischen „Talking Cure“ zerschlagen, kaum das Charcot sie in der Salpetrière pathologisierte. Um 1880 hat der fortschrittliche Arzt Mortimer (Hugh Dancy) wahrlich einen schweren Stand in einem London, das statt auf Hygiene lieber auf Aderlass und Blutegel setzt. Sein ominöser Glaube an unsichtbare Keime kostet ihn mehr Jobs als Nerven, aber eigentlich wird er bestens durch seinen reichen Dandy Freund Edmund (Rupert Everett) versorgt, der amüsiert Middleclass-Ambitionen in Mortimers Erfolgsstreben entdeckt. Der Humor des Films ist nicht immer fein geschliffen, trifft aber dennoch

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Bereit zum Eintauchen in die Hysterie: Dalrymple (Jonathan Pryce), Mortimer (Hugh Dancy) und Edmund (Rupert Everett).

ins Ziel, was auch manch albernes Overacting entschuldigt. Und würden die Vorgänge in der Praxis von Dr. Dalrymple (Jonathan Pryce), der Mortimer den langersehnten Job bietet, nicht derart beschwingt dargestellt werden, dann würde der Film wohl Monty Pythons Zynismus benötigen, um nicht als schnöder Softsexfilm zu verenden. Stattdessen wirbelt Charlotte (Maggie Gyllenhaal) übers Parkett — Sozialistin und moderne Frau, die die emanzipatorische Zwischenstufe einer bissigen Feministin in ihrem (hysterischen?) Frohsinn schlichtweg übersprungen hat. Sie ist neben dem elektrifizierten Edmund die dritte im Bunde, die ihrer Zeit weit voraus ist und sich deswegen jede Menge Ärger einhandelt.

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Hübsch drapiertes Glück: Mortimer mit Emily (Felicity Jones).

IN GUTEN HÄNDEN schickt eine Kombination aus fortschrittlichem Denken und finanziell privilegierter Gelassenheit in den Kampf gegen Prüderie und Konservatismus. Einzig Middleclass-Mortimer fehlt die monetäre Laissez-faire Attitüde, weswegen er all zu oft verkrampft und sich auf die schöne Tochter seines Arbeitgebers Emily (Felicity Jones) versteift – denn, wer hat, der hat. Damit gewinnt die Romanze genug Drama, um auf das Unausweichlich hinaus zu laufen: Den Vibrator! Dieses Utensil scheint zwar ebenso anachronistisch wie die Sprache Edmunds, aber nicht minder skurril als die Vorstellung, die Stimulation der weiblichen Geschlechtsorgane hätte außer medizinischer Entspannung keinerlei sexuelle Konnotation. Nicht umsonst weist der Film mit Nachdruck darauf hin, er basiere tatsächlich auf einer wahren Geschichte…

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Hat den Bogen raus: Charlotte (Maggie Gyllenhaal) bringt die Jungs zum Staunen.

All das ergibt einen amüsanten Film mit garantierten Lachern und einem humorvollen Blick in die Geschichte gesellschaftlicher Blindgänge. Die historische Ausstattung wirkt ebenso gelungen wie die Besetzung der Rollen und bietet dem leichtfüßigen Drehbuch eine attraktive Kulisse. IN GUTEN HÄNDEN streichelt die Seele der Kinozuschauer nicht nur mit Edmunds elektrischem Staubwedel. Wexlers Film verfolgt hauptsächlich das Ziel der lustigen Lust, was vollauf gelingt. Die einzig niederen Instinkte, an die der Film appelliert, sind romantischer Natur.

Ähnliche Filme:

Vom Thema: A Dangerous Method

Information:

Engl. Titel: Hysteria

Großbritannien 2011

Dauer: 100 Minuten

FSK: 12

Regie: Tanya Wexler

Drehbuch: Jonah Lisa Dyer, Stephen Dyer

DoP: Sean Bobbitt

Musik: Christian Henson

Darsteller: Maggie Gyllenhaal, Hugh Dancy, Jonathan Pryce, Felicity Jones, Rupert Everett, Ashley Jensen, Sheridan Smith, Dominic Borrelli, Anna Chancellor, Kim Criswell, Georgie Glen, Elisabet Johannesdottir, Gemma Jones, Kate Linder, Teresa Mahoney

Genre: Komödie, Romanze, RomCom

Im Kino: 22.12.2011

Im Web:

In guten Händen in der IMDb

Bilder und Trailer zur Filmkritik von In guten Händen auf der offiziellen Website

Copyright Bilder und Trailer: Senator

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