Engel des Universums (2000)

Engel des UniversumsEin Film für Verrückte und welche, die es werden wollen.

Was Friðrik Þór Friðriksson mit ENGEL DES UNIVERSUMS verfilmt hat, war ein Buch (Engel des Universums, Einar Már Guðmundsson), welches auf einer wahren Geschichte basiert. Páll (Ingvar Eggert Sigurðsson) wirkt von Anfang an nicht wie ein junger Mann, eben sowenig seine Geliebte. Dennoch wohnen beide noch bei den Eltern, als wäre es das normalste der Welt. Von der Mutter lässt sich seine Geliebte dann auch sagen, dass Páll kein Umgang für sie sei und so serviert sie ihn eben ab. In dieser Phase scheint mit dem eigenwilligen und poetischen Páll noch alles Ordnung zu sein. Da Regisseur Friðriksson die Schauspieler aber unmaskiert alt sein lässt, wo sie offensichtlich jugendlich sein sollten, schlägt der Film gleich einen merkwürdigen Ton an, der vom biederen Look der Wohnung von Pálls Eltern noch verdichtet wird. Der Zeitgeist scheint zwischen fünfziger und neunziger Jahre zu springen und als Páll sich nicht damit abfinden kann, verlassen worden zu sein, springt auch sein Gehirn umher.

Dabei sind die spontanen Gottwerdungen das kleinste Problem, denn die Polizei hat keine Probleme einen übers Wasser Wandelnden einzufangen. Schlimmer wiegend da die gewalttätigen Ausfälle der Familie gegenüber und so kommt Páll eben doch in die Klapsmühle. Friðriksson versucht im Fortlauf der Geschichte nicht die Verrücktheit des Hauptdarstellers zu erklären, weswegen sich Sympathien mit diesem verwegenen und zugleich wehleidigen Kerl nur sporadisch einstellen. Stattdessen stilisieren sich die Irren, gerne auch mal explizit, zum konsequenten und notwendigen Ausschuss der Gesellschaft, die in sich noch viel verrückter ist. Manch angeblich Gesunder kommt ihnen dabei hilfreich entgegen und schnell wird klar, dass hier Heilung weder erreicht werden kann, noch erwünscht ist.

Trotz inszenatorischer Stilisierung und manch ermüdendem, gesellschaftskritischem Wink, hat der Film aber etwas Realistisches, weil er sich weder in irrer Glückseligkeit wiegt wie EINER FLOG ÜBER DAS KUCKUCKSNEST, noch dem Verrücktsein jenseits der Verrückten selbst einen höheren Wert zuspricht. Stattdessen kommt alles so, wie es kommen muss und konsequenterweise folgt der Film Páll auch dann noch, als er nicht mehr als verrückt gilt und auf sich allein gestellt ist. Fast wünscht man sich den ohrenbetäubenden Soundtrack der ersten Hälfte des Films zurück, der durch das Übereinanderlegen vieler Soundspuren den Kopfverkehr seines Protagonisten recht gut wiederspiegelte, wenngleich äußerst nervenaufreibend. Als diese Quelle unter Medikamenten und ungefilterter Realität versiegt, hämmert die ganze Gesellschaft mit ihrer monotonen Verrücktheit auf Páll ein. Doch jetzt muss der Mann, der sich nicht mit weniger zufrieden gibt, als der Erfüllung seiner Träume und nun im obersten Stock des Sozialheims wohnt (mehr darf man nicht wollen), es selbst richten.

Ähnliche Filme:

Breaking the Waves

Information:

Island 2000

Dauer: 102 Minuten

Regie: Friðrik Þór Friðriksson

Drehbuch: Einar Guðmundsson

DoP: Harald Gunnar Paalgard

Schnitt: Skule Eriksen, Sigvaldi J. Kárason

Darsteller: Ingvar Eggert Sigurðsson, Baltasar Kormákur, Björn Jörundur Friðbjörnsson, Hilmir Snær Guðnason

Genre: Drama

Im Kino ab: 12.04.2001

Im Web:

Engel des Universums in der IMDb

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