127 Hours (2010)

127 Hours Trailer KritikFünf Tage in einem Canyon eingeklemmt und keiner hilft: Aron Ralstons wahre Geschichte vom Verlust der Unversehrtheit eines rastlosen Geistes.

Obwohl die Ähnlichkeit frappierend scheint: Danny Boyles 127 HOURS hat so gut wie nichts zu tun mit BURIED – LEBEND BEGRABEN. Zwar steckt in beiden Filmen ein Mann allein in der Falle, Boyle jedoch wagt es nicht seinen Film vollkommen von der Welt abzuschneiden, was mit Hinblick auf die Zuschauer und den Zeigecharakter von Film berechtigt scheint. Dies kostet der Geschichte aber ihre Straffheit und bisweilen scheint der auf einer wahren Begebenheit beruhende Film sehr fiktiv.

Aron Ralston (James Franco) heißt der Sport- und Outdoorbegeisterte, der sich mit kindlicher Freude mitten in der Nacht auf den Weg macht zu den Canyons, um einen Kletter und Mountainbike Trip abseits der Zivilisation zu erleben. Die musikalische Untermalung hierfür von A.R. Rahman und auch Dido klingt wie ein emotionsschwangeres Röhren aus tiefster, positiver Seele. Das ganze bleibt folglich über der Tränengrenze, schließlich zeichnet der Film seinen Protagonisten auch als unverbesserlichen Optimisten. Die dazu passenden Thrill-Killer Splitscreens verleihen dem Film wie dem Protagonisten zwar eine optische Beschleunigung, tragen aber mindestens ebenso zu deren Oberflächlichkeit bei.

Pausenlose Höchstgeschwindigkeit und Wheelies sind die Attribute, die 127 HOURS Aron Ralston unterstellt, zumindest auf dem Mountainbike. Sein kleines Intermezzo mit zwei wandernden Frauen ist ein nicht minder rasantes Rein und Raus und endlich darf er wieder allein sein. Vielleicht erklärt sein hohes Tempo dieses ewige Bedürfnis alles filmen und fotografieren zu müssen, wie ein Videoblogger, der frühestens auf Youtube die Zeit findet, das Gesehene zu sehen. Folglich behindert ihn der Felsbrocken, welcher seine Hand in einem Canyon einklemmt, gleich doppelt. Er hat jetzt nicht nur den Tod vor Augen, sondern wird auch noch auf sich selbst zurück geworfen.

Dabei erscheint seine Stimmung hin und wieder als wenig nachvollziehbar und es stellt sich die Frage, ob es wirklich der lustige und unbeschwerte von Danny Boyle inszeniert Typ sein kann, der so einen Höllentrip durchsteht. Er ist manchmal einfach zu ruhig und gefasst, wo man angstvolle und angestrengte Ernsthaftigkeit erwartet. Doch für Aron scheint es nur eine weitere Challenge zu sein, eine Art neues Level in einem komplizierten Spiel. James Francos Schauspiel kann zwar streckenweise glänzen, erinnert aber in anderen Momenten an überstilisierte Comedy Serien. Die unbestritten besten Momente erlangt der Film, je mehr sich Arons Verstand verabschiedet, denn hier erst entfalten sich die fantastischen Abschweife der Bilder zu einem nachvollziehbar adäquaten Abbild seines Gemütszustands. In diesen Momenten gelingt es, das aus der Menschenmasse der Zivilisation extrahierte Individuum mit sich selbst zu konfrontieren und quasi gegen sich selbst antreten zu lassen.

Insgesamt aber bilden all die illustrierten Träume, Erinnerungen, Hoffnungen und Fantasien eine eher beliebig zusammengewürfelte Kette von Ereignissen, die nicht ineinandergreifen und deswegen kaum das Potential haben, den Atem zum Stocken zu bringen. Gerade deswegen stören auch die übermäßigen Splitscreens, die spirituelle Musik und die Mixtur aus gewollt amateurhaften Bildern mit stilistisch, elaborierten Hochglanzshots: Die Stilmittel überdecken das eigentliche Drama bzw. verdecken die fehlende Dramatik.

Dass all dies aber wirklich geschehen ist, zerrt eben doch an den Nerven und der Körperlichkeit des Gezeigten wird der Film auch deutlich besser gerecht als seiner Dramatik, weswegen er trotz allem ein nicht leicht zu vergessendes Erlebnis darstellt.

Ähnliche Filme:

Buried – Lebend Begraben

Information:

USA, Großbritannien 2010

Dauer: 94 Minuten

Regie: Danny Boyle

Drehbuch: Simon Beaufoy, Danny Boyle

Buch: Between a Rock and a Hard Place, Aaron Ralston

DoP: Anthony Dod Mantle, Enrique Chediak

Musik: A.R. Rahman

Darsteller: James Franco, Kate Mara, Amber Tamblyn, Lizzy Caplan, Clémence Poésy, Kate Burton

Genre: Drama, wahre Begebenheit

Im Kino ab: 17.02.2011

Im Web:

127 Hours in der IMDb

Bilder und Trailer zur Filmkritik von 127 Hours auf der offiziellen Website


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