Contagion (2011)

Contagion PosterPandemischer Film: Ziellose Auffächerung mit bewegenden Momenten aber ohne dramaturgisches Rückgrat.

Wenn sich eine Epidemie gleichzeitig in alle Herrenländer ausbreitet, spricht man von einer Pandemie, wenn die Schauplätze eines Filmes sowie die Handlungsstränge dasselbe tun, von einem Episodenfilm, und wenn dann noch eine derart große Anzahl an Protagonisten den Film schultert wie in CONTAGION, dann ist es einfach ein irres Projekt, das viel Geld kostet ($60 Mio.) und deswegen auch ordentlich beworben werden muss. Was dabei herausgekommen ist, kann sich sehen lassen — und bleibt dennoch hinter den Erwartungen zurück. Zumindest macht man sich auf dem obligatorischen Toilettenabstecher nach der Vorstellung Gedanken darüber, wie man denn nun die Tür öffnet, ohne den Knauf anfassen zu müssen. Die Beunruhigung wird aber erst dann akut, wenn der Film einen nicht mehr loslässt, was genau die Achillesverse von Regisseur Soderberghs neuem Werk beschreibt, das sich sehr weit auffächert und die einzelnen Geschichten in der Zeit verhungern lässt.

Viele sehr bekannte Schauspieler kommen gar nicht erst zum Zug, denn die 106 Minuten dauern nicht lange genug, um all das Potential auszuschöpfen. Mitch (Matt Damon) jedoch hat recht viel Screentime, aber Damon weiß nicht immer etwas damit anzufangen, so als würde er nicht richtig zu Soderberghs menschennahem Kamerablick passen. Anders Laurence Fishburne, der mit Dr. Cheever die Person gibt, welche als organisatorisches Oberhaupt des Zentrums für Seuchenkontrolle und Prävention der eben ausgebrochenen Pandemie Einhalt gewähren muss. Doch er ist weich, will sich um alle kümmern, nur was kann er tun? Seiner Außendienstmitarbeiterin Erin (Kate Winslet) telefonisch beistehen, während sie sich in eine Zone begibt, in der das neuartige Virus durch bloße Berührung infizierter Objekte tötet? CONTAGION lässt aber nicht alle so hilflos zurück wie Mitch, dem die geliebten Menschen schneller wegsterben, als er begreifen kann. Blogger Alan (Jude Law) verwandelt den Virus im Internet in ein Projekt für seine ganz eigenen Ambitionen – mit krassen Konsequenzen. Überhaupt wirkt das Szenario recht durchdacht und ohne Übertreibungen realitätsnah umgesetzt, so als wäre ein bereits real existierendes Krisenszenario zu einem Drehbuch umgearbeitet worden.

Contagion Jennifer Ehle
Jennifer Ehle wird trotz fieberhafter Arbeit nicht immer nachvollziehbar in Szene gesetzt.

Neben der tatsächlichen Bedrohung durch die Krankheit wird die Welt so auch noch von Panik, bald darauf von Ausschreitungen und Chaos heimgesucht. Fieberhaft versuchen derweil Dr. Hextall (Jennifer Ehle) und andere einen Impfstoff zu entwickeln. Regiekameramann Soderbergh will überall dabei sein und die Katastrophe Pandemie aus allen nur erdenklichen Winkeln zeigen, sei es die Suche nach dem Impfstoff, die Suche nach der Ursache oder Attentätern, den einfachen Opfern, den Nutznießern, den Kranken, ja sogar die Reinigungskraft im Seuchenzentrum Roger (John Hawkes) muss zu Wort kommen. Leider wirkt Soderberghs sonst so zielsicher geführter Blick diesmal etwas plump und vielleicht auch zu neugierig und zu politisch korrekt. Schließlich zeichnet sich bei all den Perspektiven das ständige Springen zwischen ihnen als am markantesten ab, was die Betrachtung vor allem interessant macht, nicht packend.

Contagion Damon
Ganz normaler Typ, der die Welt nicht mehr begreift: Damon mit Jacoby-Heron

Ab dem Moment, wo man einen Höhepunkt erwarten möchte, lässt der Film nach. Statt einer prägnanten Klimax und einem klaren Ende, verläuft sich der Film in einem diffusen und langgezogenen Geplänkel, wie ein flachgeworfener Stein, der ziellos übers Wasser hüpft: Hier ein bisschen Trauer, da etwas Kritik, dazu noch eine Tick Hoffnung – aber das alles arbeitet gegeneinander. Dr. Cheevers Sorgsamkeit wird geflissentlich übertrieben und weiß nicht mehr zu rühren, die Bekehrung der rationalen WHO Epidemiologin (Marion Cotillard) wirkt wie Hollywoodschlagsahne und es entsteht insgesamt der Eindruck, als hätte Soderbergh, beim Versuch ein hyper-emotionales Potpourri wie in MAGNOLIA oder L.A. CRASH zu gestalten, miss-in-szeniert. Zum Abschluss wirft CONTAGION dann noch einen kritischen Blick auf die Auswirkungen ökologischer und ökonomischer Ausbeutung der Welt, doch die Anspannung ist längst derart lose und löchrig geworden, dass dieser Abschlussknaller ohne viel Detonationskraft verpufft. Dennoch wartet der Film mit einigen schön inszenierten, gut beobachten und gespielten Momenten auf, die sehr ergreifen.

Ähnliche Filme:

Vom Thema: Perfect Sense Von der Machart: L.A. Crash

Information:

USA 2011

Dauer: 105 Minuten

FSK: 12

Regie: Steven Soderbergh

Drehbuch: Scott Z. Burns

DoP: Steven Soderbergh

Musik: Cliff Martinez

Darsteller: Marion Cotillard, Matt Damon, Laurence Fishburne, Jude Law, Kate Winslet, Gwyneth Paltrow, Bryan Cranston, John Hawkes, Elliott Gould, Demetri Martin, Armin Rohde

Genre: Drama, Katastrophenfilm

Im Kino: 20.10.2011

Im Web:

Contagion in der IMDb

Bilder und Trailer zur Filmkritik von Contagion auf der offiziellen Website  

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Copyright Bilder und Trailer: 2011 Warner Bros. Entertainment Inc

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